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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 414

1859 - Lübeck : Rohden
414 Xxi. §. 10. Ausbreitung der Pavftherrschaft über Griechenland rc. hen schon, daß bei dem allgemeinen Umsturz der Reiche des Alter- thums und dem Emporkommen neuer kräftiger aber roher Völker nur dies eine Stück des alten Römerreichs, das griechischereich oder eigentlich nur daö europäische Griechenland und die Hauptstadt Constantinopel stehen geblieben war und stehen bleiben sollte, um die hochgelehrte und künstlerische Bildung, die Summe der geistigen Errungenschaft des Alterthums für eine spätere Zeit aufzubewahren, wo sie der weiter geförderten abendländischen Christenheit zu Gute kommen sollte. Zu diesem Amt des Aufbewahrens eignete sich aber das griechische Kai- serreich um so mehr, da es in eine völlige Erstarrung gerathen war, ohne alle Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln und etwas Neues zu schaffen. Wie jetzt die Klugheit und Gelecktheit der Chinesen, so war auch die damalige griechische Herrlichkeit nichts Anderes als ein zähes Festhalten alter Formen und Gewohnheiten und ein lächerliches Stolziren mit dem eitlen Flitter eines prunksüchtigen und weibischen Ceremonienwesens. Obwohl aber die Aufgabe dieses geistig erstorbe- nen Volkes und Staates zunächst nur das Erhalten und Aufbewahren sein sollte, so schloß das doch die Strafgerichte nicht aus, die der Herr von Zeit zu Zeit über das innerlich verfaulte und verrottete Reich ergehen ließ. Es mußten immer neue und furchtbarere Stürme die durch unaufhörliche Mordthaten, Verstümmelungen, Schändungen, Lügen, Ränke und viehische Laster verpestete Luft reinigen, wenn das hinsiechende Volk auch nur bis zu der von Gott vorherbestimmten Zeit am Leben erhalten werden sollte. Daher die immerwährenden Ein- brüche der slavischen Völker von Norden her, daher die Siege der mohamedanischen Seldschukken in Syrien und Klein-Asien, und der Verlust fast aller asiatischer und sämmtlicher afrikanischer Besitzungen. Daher denn auch die vorübergehende Ueberwältigung und Zertrüm- merung des Reichs durch die Kreuzfahrer 1204. Es waren die Ve- netianer und ihr greiser Herzog Dandolo, welche die nach Jerusa- lem bestimmten Schaaren auf ihren Schiffen nach Palästina überzu- setzen versprachen, aber statt dessen mit ihnen nach Constantinopel fuhren, um den von dort vertriebenen Kaisersohn Alerius sammt seinem geblendeten Vater wieder auf den Thron zu setzen. Dies Vor- haben gelang. Als aber darnach mit dem wiedereingesetzten Kaiser selber Streit entstand über die versprochenen Geldzahlungen und die Unterwerfung der griechischen unter die römische Kirche, da eroberten und verwüsteten die Kreuzfahrer von ihren Schiffen aus die Stadt Constantinopel und das ganze Land, jagten die feigen Griechen zu Tausenden vor sich her und theilten das Land unter sich. Ein frän-

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 564

1859 - Lübeck : Rohden
564 Xxv. §. 2. Die Revolutionen in England und der Deismus. Parlament war weder mit ihm noch unter sich selber einmüthig. Ka- tholiken und Royalisten tauchten überall wieder auf, Verschwörungen gegen sein Leben mehrten sich von Jahr zu Jahr. Als er 1658 starb, hatte er wohl Frieden mit seinem Gott, aber auch die demüthigende Aussicht, daß das Werk seines Lebens vor Gott nichts Anderes als Holz, Heu und Stoppeln gewesen sei und schnell vom Feuer verzehrt werde. Der flüchtige Königssohn Karl Ii. ward wieder auf den Thron gesetzt, aber er brachte zu der Unzuverlässigkeit und Charakter- losigkeit seines Vaters noch ein stärkeres Liebäugeln mit dem Katho- lieismus und eine schmachvoll ausschweifende Sittenlosigkeit mit hinzu, so daß seine Regierung unter unablässigen Stürmen verlief. Er starb 1685, und sein Bruder und Nachfolger Jakob Ii., der geradezu zur katholischen Kirche übertrat, ward vom Thron ausgeschlossen und nur seinen protestantischen Familiengliedern die Nachfolge gestattet (1688). So hatte denn Europa in England das erste Beispiel des revolu- tionären Umsturzes eines Königsthrones und der Hinrichtung eines recht- mäßig angestammten Königs durch die rücksichtslose Gewaltherrschaft einer Volksmasse. So schrecklich ein solcher Vorgang an sich ist, so ward er doch hier noch schrecklicher dadurch, daß er von einem prote- stantischen, besonnenen, rechtseifrigen Volke geübt ward, noch schrecklicher, weil er als die Frucht einer religiösen Begeisterung, als das Ergebniß einer besondern göttlichen Erleuchtung erscheinen wollte. Auch die Hol- länder hatten sich von ihrem Fürsten lvsgerissen und sich eine republi- kanische Verfassung gegeben, und es ist wohl unzweifelhaft, daß das glückliche Gelingen ihres Abfalls und das rasche Aufblühen und Ge- deihen der holländischen Republik viel zu den Entschlüssen der englischen Republikaner beigetragen hat. Aber die Sachen lagen doch in Holland ganz anders. Es war ein Glied des deutschen Reichskörpers, und wollte es vor der Hand auch bleiben, es blieb unter seinen altgewohnten Obrig- keiten, als es dem fremdländischen Oberherrn, der sich in einen Feind des Landes verwandelt hatte, den Gehorsam versagte. In England dagegen stürzte man die bestehenden Gewalten gänzlich um, setzte ganz neue und andersartige ein und sprach dem Volke das Recht zu, über seinen König zu richten und sich selbst eine Regierung zu bestimmen nach eignem Belieben. In Frankreich während der Regierung Heinrich's Iii. und Iv. hatten die Jesuiten den verhängnißvollen Gundsatz von der Volkssouverainetüt zuerst aufgebracht. Jetzt las man auch in protestantischen Schriften, man hörte es von den pro- testantischen Kanzeln Englands, daß das Königthum keineswegs von Gottes Gnaden herrühre, sondern von Volkes Gnaden. Die schreck- lichen Stichwörter Freiheit und Gleichheit danken ihren Ursprung den levellistischen Banden Cromwell's. Die alten Forderungen aus den Bauernkriegen der deutschen Reformationszeit tauchten wieder auf. Da ist es uns, als wenn wir auch den zweiten jener unreinen Geister

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 33

1859 - Lübeck : Rohden
Iv. §. 3. Jsrael's Ankunft zumfi Verderben für die Cananitcr. 33 Ihnen gegenüber fteht die wilde, kriegerische Ast arte und der Alles verderbende und verschlingende Moloch. Diesem Verderber, kein Moloch, wurden die schrecklichen Feueropfer gebracht, die Kinder, welche in den Armen des glühenden Götzenbildes verbrannt wurden. Von tiefem gräßlichen cananitischen Götzendienst sagt die Schrift Ps. 106, 37 f.: sie dieneten ihren Götzen und opferten ihre Söhne und Töchter den Teufeln, und vergossen unschuldiges Blut, das Blut ihrer Söhne und Töchter, die fte^opferten den Götzen Canaan's, daß das Land von Blutschulden beflecket ward. Vor diesem Greuelwesen war- net der Herr die Israeliten 5 Mos. 18, 9—12; „Du sollst nicht thun den Greuel dieser Völker, daß nicht unter dir gefunden werde der sei- nen Sohn oder Tochter durch's Feuer gehen lasset, oder ein Weissager, oder ein Tagewähler oder der auf Vogelgeschrei achtet, oder ein Zau- berer oder Beschwörer oder Wahrsager oder Zeichendeuter oder der die Todten frage. Denn um solcher Greuel willen vertreibt sie der Herr dein Gott vor dir her." Wohin die Phönizier kommen und sich nieder- lassen, sei es zu Lande oder zur See, dahin verpflanzen sie diesen schrecklichen Götzendienst. Nicht ohne Schauder berichten eine große Anzahl heidnischer Schriftsteller von dem grauenhaften Verbrennen der Kinder auf den phönizischen Colonieen in Afrika, Spanien u. s. w. Der in Tyrus am meisten verehrte Gott hieß Melkarth (beiden Griechen Herakles) und war eine Zusammenfassung des Baal und Moloch-, wie solche bei den Asiaten häufiger vorkommt. Er stellt die Sonne dar in ihrer wohlthätigen und lebenerweckenden, aber auch in ihrer versengenden und zerstörenden Kraft. Ihm gegenüber steht die Astarte, die finstere, strenge, schweigende Göttin, die durch Ver- stümmelung und Entmannung verehrt wurde, die Nacht- und Mond- göttin. Aber der Melkarth verfolgt sie mit seiner glühenden Leiden- schaft nach Westen hin bis an das Ende der Erde. Da endlich ergiebt sie sich ihm und nun wird aus der finstern Ast arte die lockende Asch er a, die Geburtsgöttin, die ganz besonders in Sidon und auf der von Si- doniern besetzten Insel Cypern verehrt wurde. Diese Asch er a (von Luther gewöhnlich „Hain" übersetzt) ist recht eigentlich die Göttin der Wollust. In ihren Tempeln wurden die ekelhaften Orgien gefeiert, da Weiber und Jungfrauen (aus Frömmigkeit!) ihre Keuschheit opferten und durch wollüstige Fleischesfeier sich dem Dienst dieser Hurengöttin weihetcn. Das Alte Testament ist voll von Warnungen an die Israeli- ten, sich vor der Nachahmung solcher Greuel zu hüten, und voll trauriger Beispiele, daß sie es nicht gethan (Rieht. 2, 13. 3, 7. 6, 25. 10, 6. 1 Sam. 7, 3. 12, 10 u. s. w.). §. 3. Jsrael's Ankunft zum Verderben für die Cananiter. Nach der langen Läuterungszeit in der Wüste kam das Volk Israel von Osten her an die Grenzen Canaan's, ungefähr da, wo der Jordan sich in's todte Meer ergießt. Erst diesseit des Jordan sollte ihr Nachewerk an den Cananitern beginnen, denn erst da be- v. Rvhden, Leitfaden. 3

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 139

1859 - Lübeck : Rohden
Xi. §. l. Alerander's Aufgabe. 139 Xi. Aufrichtung und Zerspaltung des griechischen Welt- reichs. Mischung der orientalischen und der griechischen Welt. ' Motto: Ein Sauerteig wird unter das Mebl gemengt — ein neuer Wein wird in die Schläuche gefüllt. 8. I. Alerander's Aufgabe. Jetzt war die Zeit gekommen, wo das Gesicht, welches Daniel 200 Jahre zuvor gesehen hatte von dem Ziegenbock mit dem großen Horn, der von Westen herkam und den gewaltigen Widder, nämlich den König von Medien und Persien, zerstieß und zerstampfte (Dan. 8), in Erfüllung gehen sollte. Die Stunde war gekommen, wo der Herr Abrechnung hielt mit der gesummten orientalischen Weltmacht, und wo es auch bei dem Perserreich hieß wie einst bei dem unterge- henden Babylon: gezahlt, gewogen und zu leicht befunden. Als Schirm und umschließende Behausung des zersprengten und nur in einem elenden Rest noch im gelobten Lande selbständig erscheinenden Gotteövolks hatte sich das Perserreich freilich bewährt, und in dieser Beziehung seine Aufgabe erfüllt. Aber die andere Aufgabe, näm- lich zu erkennen den großen König, der in seiner Mitte Platz ge- nommen und mit seinen Knechten auch sein Gesetz und seine Ver- heißungen unter den 127 Völkern Persiens ausgestreut hatte, ihm die Ehre zu geben, zu merken auf seine Wunderwege und seine ge- heimnißvollen Rathschlüsse, zu horchen auf die reinen und heiligen Gebote des mosaischen Sittengesetzes und die eignen verderbten Sitten im Lichte göttlicher Offenbarung als sündlich und schändlich zu er- kennen, die Gemüther hinzulenken aus die großen Aufgaben des menschlichen Geistes und sie mit Sehnsucht zu erfüllen nach einer Wendung der Dinge, da der Geist aus der Sklaverei der Sinnen- lust und der Lüge und Eitelkeit Errettung finde — das Alles war dem weichlichen, lüsternen, knechtischen, trägen Sinn des Orientalen kaum als Ausgabe zum Bewußtsein gekommen, geschweige denn er- füllt. Da ward das Volk herbeigerufen, welches Gott der Herr nicht bloß mit den reichsten Naturanlagen ausgestattet, sondern auch zur Darstellung des Schönsten und Besten geführt hatte, was der Menschengeist, der noch nicht unter die unmittelbare und offenbare göttliche Leitung und Einwirkung gestellt ist, zu leisten vermag. Die höchste Erhebung des natürlichen Menschengeistes war in den vorhin genannten griechischen Philosophen zu Tage getreten, und der Schü-

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 174

1859 - Lübeck : Rohden
174 Xiii. §. 4. Neu hinzukvmmende Bestandtheile und deren Einordnung rc. verliehen, und nur durch gottlose Verletzung alles Heiligen gebrochen werden konnten. Das Verdienst, die verschiedenen Bestandtheile des römischen Volks durch den festen Kitt einer sorgfältig abgemessenen gemeinsamen Cul- tusordnung stärker als bisher mit einander verbunden und in gewissem Maße zu einem geordneten Ganzen gemacht zu haben, wird dem Nach- folger desromulus zugeschrieben, dem Sabiner Numa Pompilius, der eine vierzigjährige weise und friedliche Regierung geführt haben soll. Er hatte vor allen Dingen sich selbst mit einem geheimnißvollen Heiligenschein zu umgeben gewußt, indem er mit einer Gottheit in en- gem und vertraulichem Verkehr zu stehen vorgab. So fanden die von ihm geschriebenen Ritualbücher und die von ihm zur allgemeinen Ver- ehrung aufgestellten Gottheiten, sammt den von ihm eingesetzten Prie- stercollegien willige Aufnahme, und das Beispiel seiner eignen gewissen- haften und gottesfürchtigen Haltung wirkte vielleicht noch mehr als seine Anordnungen. Er stellte aber neben den Gottheiten, welche jede Tribus, jede Curie, jede Gens für sich allein verehrten, insonderheit drei allgemeine Hauptgottheiten auf, den Jupiter, den Mars und Quirinus, deren Verehrung ein besonderes Priestercollegium in Obacht nahm. Neben diesen stand noch als der Gott alles Anfangs der doppelköpfige Janus, dessen Tempel oder Thorhalle geöffnet blieb, so lange der Krieg dauerte. Weil aber dies eroberungssüchtige Volk nicht ohne Krieg leben konnte, so stand er beständig offen, drei ganz kurze Zeiträume ausgenommen, von denen der erste in die Regierung des Numa Pompilius selber fiel. Ein nicht minder wichtiger Ver- einigungspunkt für alle römischen Stämme war der Dienst der Vesta, der Göttin des heimischen Heerdfeuers und Hüterin der Reichskleino- dien. Für sie ward das Collegium der vestalischen Priesterinnen ge- stiftet, der heiligen Jungfrauen, die bei schwerer Strafe das heilige Feuer beständig brennend erhalten mußten. Am wichtigsten aber war das Collegimn der Augurn, der Zeichendeuter, welche aus dem Vo- gelflug, aus den Himmelserscheinungen, aus den Eingeweiden der Opferthiere, aus der Freßgier der Hühner und tausend kleinen Dingen den Willen der Götter erkannten und bestimmten. Diese Männer hiel- ten den Staat wie den Einzelnen mit tausend ehernen Banden des Aberglaubens gefesselt. Was immer gethan werden mochte, in Krieg und Frieden, zu Hause oder draußen, das mußte erst durch gute Vorbe- deutungen als den Göttern wohlgefällig erkannt sein. Ein verkehrter Tritt, ein Straucheln, ein plötzlicher Ruf, eine unwillkommene Ant- wort, ein begegnendes Thier, kurz eine Zufälligkeit, ein Nichts, das als unglückweissagendes Omen galt, setzte die eiserne Römerseele in Schrecken und hielt sie zurück von den wichtigsten und folgenreichsten Unternehmungen. Das war das Gängelband, an welchem der Ein- zelne und das ganze Volk sich leiten ließ, und kluge Leiter wußten es trefflich zum Zusammenhalt des Ganzen zu gebrauchen.

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 348

1859 - Lübeck : Rohden
3-18 Xix. §. 13. Ludwig der Fromme (814—840) und Anschar. Es ist nur noch ein Mann aus der Weltgeschichte bekannt, dem Gott der Herr eine ähnliche Ausgabe gestellt hatte, wie Karl dem Großen, und der sie mit gleichem Erfolge löste. Das ist, wie wir auch früher schon darauf aufmerksam gemacht haben, Alexander der Große (vgl. S. 140 ff.). Viele andere ausgezeichnete und ruhmvolle Männer hat es gegeben und große Thaten haben sie gethan, sei es auf dem Gebiet der Staatskunst oder der Wissenschaft, mit der Feder oder mit dem' Schwert. Aber so tief in das Völkerleben eingegriffen, so der ganzen Zeit ein neues Gepräge aufgedrückt, so der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit eine neue und entschiedene Richtung gegeben, so selbstbewußt und klaren Auges ein bestimmtes, neues, großes Ziel verfolgt und er- reicht haben nur diese beiden Männer Alexander und Karl. Was keinem Zeitgenossen oder Vorgänger hatte gelingen wollen: die Ver- mischung und Durchknetung zweier völlig verschiedener und sich fremd gegenüberstehender Völkermassen, das gelang Alexander, da er die Griechen unter die Orientalen mischte, das gelang Karl, da er die Germanenkrast auf die altrömische Bildung pfropfte, sie unter die Zucht der römischen Kirche zwang. Wohl ist und bleibt es unmöglich, daß Thon und Eisen zu einer neuen wohlzusammenhängenden Masse völlig in einander geschweißt werden. Aber soweit solche verschiedene, sich fliehende Bestandtheile mit einander verbunden werden können, ist es durch die genialen Veranstaltungen, durch die praktische Tüchtigkeit und eiserne Consequenz der beiden großen Männer geschehen. Durch Alexan- der's Wirksamkeit begann die nähere und letzte 300jährige Bereitung der orientalischen und griechischen Völker zur Aufnahme des Christen- thums. Mit Karl's langjähriger und glänzender Regierung begann die langsamere weil schwerere 700jährige Bereitung des germanischen Volks zur Aufnahme des biblischen, des gereinigten, des evangelischen Christenthums. In ihrem Charakter, in ihrem Wesen, in ihrer äußern Erscheinung, wie viel Aehnlichkeit bieten beide Männer, wie ist der Seelenadel ihrer ganzen Persönlichkeit so sichtbar aufgedrückt, nur mit dem Unterschiede, Alexander war ein heidnischer Grieche und Karl ein germanischer Christ. §. 13. Ludwig der Fromme (814 — 840) und Anschar, der Apostel des Nordens (865). Die schwächliche Regierung von Karl's einzig überlebendem Sohn und Nachfolger Ludwig dem Frommen (814 — 840) machte den Verlust des großen Kaisers um so empfindlicher. Er war ein undeutscher, von aquitanisch-römischen Einflüssen ganz beherrschter Mann, voll guten Willens, die Kirche zu fördern und die Geistlichkeit zu stützen und ehren; aber ohne Kraft und ohne Weisheit. Es ist wahr, die Kirche hat seinem persönlichen Eifer alle Gerechtigkeit widerfahren lassen, indem sie ihn den Frommen hieß. Allein in Wirk- lichkeit vermochte er durchaus nicht, sie auch nur bei ihren Rechten und Besitzungen zu schützen. Der unselige Krieg wider seine eignen

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 558

1859 - Lübeck : Rohden
558 Xxiv. §. 11. Das Ende der Gegenreformationen »c. ideales Ziel verfolgten, welches in dem wirklichen Zusammenleben der Völker keinen Platz mehr fand. Fortan wurde die päpstliche Stellung auch den katholischen Staaten gegenüber eine schiefe, haltlose, schwan- kende. Die übrigen Fürsten aber, auch die katholischen, ließen sich die Feststellung unüberschreitbarer Grenzlinien zwischen Katholiken und Protestanten gefallen. Spanien erkannte das protestantische Holland als einen selbständigen Staat an. Frankreich hätte wohl gern ge- wünscht, die Hauptstreitpunkte noch unausgemacht zu lassen, aber nicht sowohl zu Gunsten des Katholicismus, als um in Deutschland einen Anlaß zu beständigem Hader und zu französischer Einmischung bestmög- lichst zu unterhalten. Uebrigens war Frankreich auch nach dem Edict von Nantes und nach dem westphälischen Frieden gerade derje- nige Staat, in welchem der Katholicismus fortfuhr, immer neue Siege zu feiern, bis endlich der Protestantismus völlig ausgerottet schien. Heinrich Iv. hatte nach seinem Uebertritt die Katholiken sichtlich be- günstigt und die Protestanten zurückgesetzt. Sie gingen schon mit dem Gedanken um, sich einen auswärtigen mächtigen Beschützer zu suchen. Seine katholische Gemahlin, Maria Medici, sein Sohn Ludwig Xiii. (1610 bis 1643), dessen gewaltiger Minister Richelieu, sie waren alle zwar nicht Feinde der Protestanten aus katholischem Eifer, aber sie wollten ein in sich einiges und gehorsames Frankreich, und konnten deshalb das fremde, abweichende, zu Aufständen geneigte Ele- ment des Protestantismus nicht wohl leiden. Wenigstens keine poli- tische Macht, keine besonderen Rechte wollte Richelieu ihnen zuge- stehen. Die mächtige Festung Rochelle, das letzte Bollwerk ihrer politischen Freiheit, hat er im persönlichen Kampf ihnen entrissen. Dann war eine Zeit lang Friede. Aber unter dem folgenden König Ludwig Xiv. (1643 bis 1715) fingen die Quälereien wieder an. Frankreich war inzwischen überschwemmt mit katholischen Orden, Stif- tungen, frommen Bruder- und Schwesterschaften aller Art, ein neuer Eifer für die alte Kirche hatte sich entzündet, auch der König ward davon hingenommen. Nach einiger Zeit hob er das Edict von Nantes auf (1685). Da begann noch einmal eine Märtyrerzeit der französisch- resormirten Kirche, und dies Mal eine noch schönere und gesegnetere als die erste anderthalb Jahrhundert früher. Wie sind sie da im Schmelz- ofen der Trübsal ausgeglüht, die Glaubenshelden, und als reines Sil- der erfunden worden! Biel Tausende wunderten aus, flohen heimlich vor den überall aufgestellten Schergen hinaus in die protestantischen Länder. Mit offenen Armen nahm der große Kurfürst, nahm auch Holland und England sie auf. Frankreich aber beraubte sich seiner trefflichsten Unterthanen und entzündete auf den rauhen Höhen der Cevennen jenen grausamen Religionskrieg, den Camisardenkrieg, der uns lebhaft an die alten Greuel der Albigenserkriege erinnert. So hat in Frankreich der Katholicismus noch seine spätesten Triumphe erfochten. In anderen Ländern waren seine Bemühungen von keinem erheblichen Erfolg mehr begleitet. In Schweden freilich haben die Jesuiten ihr Meisterstück gemacht an Gustav Adolf's Tochter, und das einzige Kind des protestantischen Glaubenshelden hat dem Papst

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 606

1859 - Lübeck : Rohden
606 Xxv. §. 8. Napoleon und die Päpste. entschloß er sich, sobald er die Gewalt in seine Hände gebracht hatte, die Kirche wieder herzustellen, nicht u,n selbst an ihren Wohlthaten Theil zu nehmen, denn er spottete über sie, nicht um seinem Gewissen dainit Genüge zu thun, denn er halte kein Gewissen, nicht um das wahre Wohl des Volks dadurch zu fördern, denn darum küm- merte er sich nicht; sondern lediglich um das Volk besser, leichter und sicherer zu beherrschen. Das Christenthum war, wie wir ge- sehen haben, durch den Convent abgeschasst, und wenn auch durch das Directorium keine Schritte mehr geschahen, um den persönlichen Glau- den des Einzelnen zu beeinträchtigen, so wurde doch die Kirche nüt allen ihren Anstalten und Einrichtungen nicht wieder hergestellt. Die erstaunlichen Reichthümer der katholischen Kirche in Frankreich, ihre weitausgedehnlen Güter und liegenden Gründe blieben Staatseigen- thune und waren meist schon verschleudert; Gottesdienst und Priester wurden vom Staat nicht anerkannt, die kirchlichen Gebäude mußten zu Staatszwecken dienen. So war das Verfahren auch in den Nie- derlanden, am Rhein, in Italien, überall wo die Revolution ihre Siege erfochten hatte. Wie war es aber mit dem Papst geworden? Er war bekanntlich zu gleicher Zeit Landesfürst des Kirchenstaats und Haupt der Kirche. Das Directorium hatte kein Bedenken gefunden, ihm sein Land wegzunehmen und ihn seiner kirchlichen Würde zu ent- setzen. Der achtzigjährige Greis Pius Vi. ward auf's Roheste miß- handelt, aus seinem Palast in Rom herausgerissen und nach Frank- reich geführt, wo er starb (1799). Napoleon erkannte deutlich, daß dies ein verkehrtes Verfahren sei. Kaum hatte er die consularische Würde überkommen, als er mit dem von seinen Getreuen in Italien soeben neu gewählten Pius Vii. (1800 — 23) in freundschaftliche Beziehungen trat. Der eiserne Gewalthaber traf diesmal auf einen wohlwollenden, nachgiebigen Mann, mit dem er leicht fertig werden konnte. Der Papst sah nur auf die großen Vortheile, die der katho- lischen Christenheit durch Napoleon zu Gute zu kommen schienen, und legte weniger Gewicht auf die ungeheuren Demüthigungen und Verluste, die sie sich gefallen lassen mußte. So wurde denn 1801 ein Concordat zwischen dem Papst und dem Consul abgeschlossen, die ka- tholische Kirche in Frankreich wieder hergestellt, die Altäre wieder auf- gerichtet, der christliche Kalender wieder eingeführt, Priester und Bi- schöfe wieder anerkannt und vom Staat unterhalten, dem Papst wieder die oberste Leitung der geistlichen Angelegenheiten zugestanden. Aber wie ganz anders war jetzt die Geistlichkeit gestellt als vormals. Sie wurde vom Staat besoldet, war also vom Staat abhängig. Und bald sollte der Papst inne werden, daß Napoleon keineswegs daran denke, die Kirche in Zukunft zu pflegen, zu heben, ihr die Verluste zu ersetzen, daß das neu aufgerichtete Concordat etwa nur ein erster Schritt sei zu künftigen Verbesserungen. Vielmehr gerade Napoleon war es ja, der gleich darauf (1803) alle noch übrigen geistlichen Fürstenthümer in Deutschland (Trier, Köln, Mainz, Salzburg, Passau, Würzburg, Bam- berg, Paderborn, Münster u. s. w.) der Kirche entzog und weltlichen, ja zum Theil ketzerischen (protestantischen) Händen überließ. Die eignen

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 360

1859 - Lübeck : Rohden
360 Xix. §. 17. Papst Nicolaus I. und die Kirchenspaltung. und zur gedeihlichen Entwicklung weiter zu führen, beflissen war; als er mit väterlicher Umsicht die neubekehrten Fürsten und Völker be- lehrte und den ausgebrochenen Streitigkeiten über theologische Fra- gen Maß und Ziel setzte. Aber auch er war ja nur ein Mensch, ein sündiger und irrender Mensch, der vielfach fehlgriff, ein einzelner Mensch, dessen Thätigkeit schnell wieder vorüber war. Durch die alsbald nach seinem Tode wieder eintretenden Greuel und schmähli- chen Befleckungen des päpstlichen Stuhles zeigte Gott der Herr es allen Denen, die erleuchtete Augen hatten, klar genug, daß auf die- sem Wege keine durchgreifende und dauernde Abhülfe für die großen Schäden der Kirche zu erwarten sei. Gerade zu derselben Zeit, als sich durch Nico laus I. und durch Einführung der pseudoisidorischen Decretalen die abendländische Christen- heit wieder kräftiger zusammenfaßte, wurde der Grund gelegt zu der völligen Sonderung des noch stehen gebliebenen Restes der orientali- schen Kirche. Nicht eigentlich der Grund gelegt. Denn in der ganzen geschichtlichen Vergangenheit und neuern Entwicklung, in der Verschie- denheitdes Wesens und der Aufgaben, in der Verschiedenheit der Sprache und Sitte, in der zwieträchtigen Ausprägung so mancher Lehrbegriffe und kirchlichen Gebräuche lag schon von Alters her Grund und Anlaß genug zur gegenseitigen Entfremdung der beiden Kirchenabtheilungen. Doch kamen jetzt noch einige weitere Anlässe zu feindlicher Abkehr von einander hinzu. Unter dem heidnischen Volk der Bulgaren waren um jene Zeit die ersten Grundsteine zum Aufbau der neuen Kirche ge- legt, entweder durch denselben Methodius, der später in Mähren wirkte, oder durch einen Andern gleichen Namens. Durch ihren Ur- sprung und durch ihre örtliche Lage war die bulgarische Kirche auf Constantinopel hingewiesen, und der griechische Patriarch konnte sie als zu seinem Sprengel gehörig betrachten. Allein die griechische Weise der Belehrung und Leitung behagte den rohen Bulgaren wenig und sie wandten sich deshalb an den Papst Nicolaus. Der nahm sich ihrer auch willig an, beantwortete ihre vielen Fragen zu ihrer größten Zufriedenheit und war nicht abgeneigt, die Bulgarei zum römischen Kirchensprengel zu ziehen. Das setzte die durch eine römische Ent- scheidung in dem Streit zweier Patriarchen schon längst erhitzten Ge- müther in Flammen, und der Patriarch Photius that den Papst in den Bann (867). Zwar wurde der Riß hernach noch wieder einiger- maßen zugedeckt, aber zu einer rechten Vereinigung kam es nicht wie- der, konnte es auch nicht kommen. Mit Streiten und Wiedervertragen zog sich die Sache zwischen Rom und Constantinopel noch fast zwei Jahrhunderte hin. Dann aber erfolgte ein völliger und nicht wieder gehobener Bruch. Im Jahre 1054 haben stch der römische Papst und der griechische Patriarch nochmals gegenseitig in den Bann gethan, und die beiden Kirchen sind für immer auseinander geschieden. Nach- her hat man wohl öfters noch über eine Aussöhnung unterhandelt, aber ohne Erfolg. Der griechische Patriarch, der früher das willen-
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